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Kommentar: Apples neue Retail-Strategie

Am gestrigen Samstag hat Apple am Union Square in San Francisco einen neuen Flagship Store eröffnet. Dies wäre nicht weiter erwähnenswert, hätte Apple die Eröffnung nicht extra mit einer Pressemitteilung begleitet. Allein dies zeigt schon, dass es sich um einen besonderen Anlass handelte. Grund ist, dass der neue Retail Store das Aushängeschild der jüngsten Generation von Apples Ladengeschäften darstellt. Schon immer waren die Apple Retail Stores, von denen der erste vor ziemlich genau 15 Jahren seine Tore öffnete, besondere Orte für Apple-Nutzer. Die Eröffnungen werden von langen Schlangen begleitet gefeiert wie ein Volksfest und egal in welchen Apple Store man an welchem Ort dieser Welt blickt, sie sind immer rappelvoll.

Seit einigen Monaten nun ist ein Wandel in Apples Retail-Strategie zu beobachten. Verantwortlich hierfür zeichnen in erster Linie Apples Retail-Chefin Angela Ahrendts, sowie Apples Design-Guru Jony Ive, der inzwischen nicht nur für die Gestaltung der Hard- und Software, sondern eben auch der Retail Stores verantwortlich ist. Einen ersten Blick auf diese neue Ausrichtung konnte man bereits im September vergangenen Jahres erhaschen, als Apple sein erstes belgisches Ladengeschäft in Brüssel eröffnete und dabei auch erstmals das neue Design präsentiert. Allerdings geht es dabei nicht ausschließlich um die Optik der Stores, vielmehr ist hier eine neue Ausrichtung zu erkennen, die die Apple Stores nicht mehr ausschließlich als Ort sieht, an dem man Produkte aus Cupertino kaufen kann.

Schon immer waren Apple (Flagship) Stores auch geprägt von einer besonderen Architektur, die sie aus der Masse der restlichen Einkaufsgeschäfte herausragen ließen. Dies hebt Apple nun mit der neuen Ausrichtung auf eine neue Ebene. Die neuen Stores sind geprägt von noch mehr freiem Raum, durch Pflanzen und großen riesigen Displays. Selbstverständlich spielt als Material nach wie vor Glas eine große Rolle. Fast schon in den Hintergrund treten dabei die eigentlichen Verkaufsprodukte. Vielmehr wird der Apple Store (noch mehr als bisher schon) zum Produkt selbst, zu einem Ort, an dem man sich gerne aufhält - umgeben von Apple-Produkte und von Apples Vision.

Deutlich wird dies auch bei den Worten, die Angela Ahrendts zur Eröffnung wählte. Man habe noch mehr Wert auf die Details gelegt und den Zweck, den die Apple Stores, auch in der Gesellschaft erfüllen, komplett neu überdacht. Dabei werde man künftig nicht nur Produkte in den Stores verkaufen, sondern noch mehr Schulungsangebote bereitstellen und das Networking lokaler Unternehmer fördern. Die neue Ausrichtung spiegelt sich aber auch bereits in der Wortwahl wider. So hat man sich von der bisherigen Genius Bar verabschiedet und diese zur Genius Grove (engl. grove = Wäldchen) umgewandelt. Als Grund hierfür nannte Ahrendts, dass man mit dem Wort "Bar" in der Regel Dinge wie hektisches Treiben oder Lärm verbindet - alles Assoziationen, die man in der Regel nicht braucht, wenn man mit einem Experten über Probleme sprechen möchte. Entsprechend ist die neue Genius Grove auch mit großen Pflanzen bestückt und soll so eine ruhige, entspannte Athmosphäre schaffen


Aber die Neuausrichtung geht natürlich noch deutlich weiter. Insgesamt hat Apple eigentlich nicht nur einen neuen Store eröffnet, sondern diesen gleich mit fünf neuen Features ausgestattet, von denen die Genius Grove eines ist. Ebenfalls neu ist "The Avenue". Hierbei handelt es sich um eine Wand aus Displays, die sich dynamisch an die jeweilige Jahreszeit anpassen und inspiriert wurde von Schaufenstern entlang eines Boulevards. Hier wird Apple künftig seine Produkte und Services zum Leben erwecken - von Musik, bis Kreativität, Apps, Fotografie und mehr. Dazu gehören auch die neuen "Creative Pros", bei denen sich um Apple-Experten in kreativer Kunst handelt und die Ratschläge und Expertise an jedem der Displays anbieten.

Ein riesiges 6K-Display steht auch im Mittelpunkt von "The Forum", einem Treffpunkt, an dem Apple die weltweit talentiertesten Künstler, Fotografen, Musiker, Gamer, Entwickler und Unternehmer in den Mittelpunkt rücken will, um Kunden dazu zu inspirieren ihre Leidenschaften in die Tat umzusetzen. Mit dem neuen Programm "Today at Apple" bietet man hier zudem ganzjährige Programme für Kinder, Lehrer, Entwickler und aufstrebende Künstler oder auch Game Nights mit Redakteuren aus dem App Store-Team an. "The Plaza" wird ein Ort sein, der ausschließlich in Apples Flagship Stores zu finden sein wird. Er ist für die Öffentlichkeit 24 Stunden am Tag geöffnet, bietet öffentliches Wi-Fi und Sitzgelegenheiten. Die angesprochene Veranstaltungsreihe unter dem Namen "Today at Apple" wird hier um eine regelmäßige Wochenend-Serie mit bekannten lokalen Musikdarbietungen ergänzt. Am Union Square in San Francisco verfügt "The Plaza" über einen Springbrunnen der bekannten Bildhauerin Ruth Asawa aus San Francisco aus dem Jahr 1969 sowie ein neues Kunstwerk namens "Love" von der lokalen Künstlerin Laura Kimpton. Last but not least ist "The Boardroom" ein Ort, an dem sich Apples Business Team vor allem um die Schulung und das Networking von lokalen Unternehmern und Entwicklern kümmern wird.

Schaut man sich diese Liste genauer an, wird einem auffallen, dass nicht alles davon wirklich komplett neu ist. Apple hat die verschiedenen Aspekte eines Apple Stores mit dem neuen Ansatz nun aber noch deutlicher herausgearbeitet und in den Fokus gestellt. Die Weiterentwicklung der Genius Bar ist stimmig und spiegelt die neue Ausrichtung der Stores wider. Mit der neuen Generation der Retail Stores geht Apple aus meiner Sicht einen spannenden Weg. Während die Geschäfte schon immer mehr waren, als ein bloßer Konsumtempel, macht Apple dies nun zum Konzept. Die eigentlichen Produkte treten in den Hintergrund und machen Platz für einen Ort, an dem man sich einfach auch nur treffen will, weil man sich dort wohlfühlt. Aushängeschild hierfür ist sicherlich "The Plaza", womit Apple einen rund um die Uhr geöffneten Treffpunkt schaffen wird, an Menschen einfach zusammenkommen können.

Die neuen Retail Stores sind aber auch ein Spiegel von Apples Philosophie, die sich unter Tim Cook sicherlich noch einmal ein Stück weit gewandelt hat. Apple sieht sich noch mehr als Teil der Gesellschaft mit einem der Größe des Unternehmens entsprechenden Anteil an Verntwortung. Die noch mehr auf den Umweltschutz fokussierte Unternehmensausrichtung ist unter anderem auch deutlich in der exzessiven Verwendung von Bäumen und sonstigen Pflanzen in den Apple Stores zu erkennen. Der Store in San Francisco wird zudem zu 100% mit grünem Strom versorgt, darunter Strom, der aus im Dach des Gebäudes integrierten, photovoltaischen Modulen generiert wird.

Ich persönlich freue mich auf die neuen Stores, von denen wir hoffentlich auch bald den ersten in Deutschland bewundern können. Waren die Stores in der Vergangenheit schon ein besonderer Ort inmitten der seelenlosen Ladengeschäfte von Großhandelsketten in den Fußgängerzonen, wird sich dies in den kommenden Jahren noch einmal deutlich weiterentwickeln. Apples Vision für die Zukunft seiner Retail Stores ist ebenso spannend wie gesellschaftlich verantwortungsbewusst und sollte ein Vorbild für viele andere sein.

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Kommentare

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Max am :

Schauen wir mal was uns in Köln erwartet ;) Gibt es eigentlich besondere Eröffnungsangebote?

Dok S am :

Hmmmm.... iPhones, iPads, Macs....

Ronny am :

Ein Ort von Entspannung war eine Genius Bar in Städten wie München noch nie. Und ich bezweifele das ihnen das in den großen Stores wirklich gelingt!

GustavG am :

In der Rosenstraße nicht. Viele Touris etc. Die wollen da ja auch rein. Der im OEZ ist deutlich entspannter. Dort geh ich gerne hin, wenn ich irgend etwas möchte.

Gurki am :

Ich versuche gerade dieses Konzept gedanklich auf die Stores in Deutschland vorzustellen : in Berlin kann ich mir das wegen der Größe durch aus vorstellen. Bei uns in Düsseldorf tut es schon etwas problematischer der Raum deutlich begrenzt ist.

WGS am :

Ihr habt da ja schon die " längste Theke der Welt". Da ist der restliche Platz nunmehr gering.

Bernd das B. am :

5€

Anonym am :

Apfelbäumen ;)

Thomas am :

Oh nein! Die duzen dich sogar? Furchtbar!

Jonny am :

In Österreich gibt es kein einziges Applestore - Ich meine damit nicht irgendwelche Show, die Handys verkaufen sondern ein Applestore

Anonym am :

...keinen EINZIGEN...

Denis am :

Hast du, nachdem du geduzt wurdest, nach dem Geschäftsführer verlangt?

t.k. am :

Alles wichtige und schöne Ziele! Auch freut das neue "Öko-Image", das abermals leichtere und "smoothere" Flair des Konzepts. Das passt einerseits zur Designlinie, andererseits zum Zeitgeist. Nur: Braucht es nicht noch weitaus mehr? Neuerscheinungen, die wieder visionär sind, einen vom Hocker hauen? Endlich Induktionsladefunktionen, störungsfreie Update-Prozesse? Nachhaltigkeit in dem Sinne, dass Endgeräte durch längere Nutzungszyklen (vllt. fünf Jahre?) ökonomisch und ökologisch fortschrittlich sind, weil sie in diesem Zeitraum voll leistungsfähig bleiben? Strategien durch nochmals günstigere aber solide Low-Budget-Geräte den Premium-Anspruch darin zu untermauern, dass man es sich leisten kann, mit den Erträgen aus dem High-End-Geschäft die globale Digitalisierung und Demokratisierung voranzutreiben? Trotz des erkennbaren Anspruchs, den Kommerzgedanken aus den Stores zu verdrängen (irgendwie paradox bis unehrlich, oder?) wünsche ich mir, dass diese Form suggerierter Selbstlosigkeit auch stärker in den Arbeitsbedingungen von der Fertigung bis zum Verkauf manifestiert wird. Ich schätze meine Apple-Produkte wirklich sehr, aber einige der genannten Aspekte trüben Glanz und Glaubhaftigkeit.

Kai Engelbrecht am :

Dem ist wirklich nichts hinzu zu fügen, danke für diesen Kommentar!

GustavG am :

Gute Worte. Schicke es doch mal genau in der Form an TK.

Andi am :

Und an KG

Ken Lohtsch am :

Was für ein Geschwurbel. Apple will durch noch mehr Design-Gedöns noch cooler wirken. Die Läden sind schlicht Teil der Hochpreisstrategie, dis natürlich angesichts der mangelnden Innovationen und der zunehmenden Qualitätsprobleme immer schwieriger durchzuhalten ist.

Anstatt dies zu durchschauen, wird das neue Ladenkonzept hier wie ein Tempel angebetet. Ein unfreiwilliger Beweis dafür, wie gut Apple die Verkaufspsychologie beherrscht. Chapeau!

Norman am :

Innovationen wollen und im selben Kommentar induktives Laden fordern. Hilfe! Dass es bis jetzt weder innovativ noch nützlich ist, wurde oft genug belegt. Und längere Nutzungszeiträume liegen sicher nicht in Apples Fokus. Eine Firma muss verkaufen.
Übrigens: Seit 1998 bügele ich alle Updates stumpf über das vorhergegangene und hatte insbesondere in letzter Zeit keine Probleme. 2001 sah das noch ganz anders, da hat es trotz Steve ständig Probleme gegeben. Dir scheint das Phänomen der selektiven Wahrnehmung nicht bekannt zu sein, nachdem sich in Foren meist nur die Menschen mit Problemen zu Wort melden und nicht die, bei denen es gut läuft.
Ich mag das neue Store Konzept und auch das aktuelle Apple unter Tim Cook. Soll es ja geben.

t.k. am :

Ich bin ja weit davon entfernt zu quengeln, weiß sicher mehr Zustimmendes als Verbesserungswürdiges über den Apple-Kosmos zu vermelden. Aber ich hoffe doch inständig, dass uns die selbst bei umsichtiger Pflege noch immer anfälligen Ladestecker nicht ins nächste Jahrzehnt begleiten. Der Auflegemagnet der Apple-Watch zeigt doch, dass es besser geht. Auch im Auto will niemand dieses Kabel-Gefuckel, sondern zuverlässig integrierte Lösungen, die zum Produktanspruch passen. Was die Nutzungszyklen betrifft: Klingt paradox, aber Langzeithaltbarkeit verkauft sich gut - und setzt Ressourcen für den Kauf hochwertiger Software oder Medien-Content frei. Beispiel Macbook: Ich nutze meines seit sieben Jahren und lasse zu aktualisierende Komponenten bei Apple ersetzen. Gut für das Geschäft, weniger Abfall. Ist als Ansatz aber bei keinem aktuellen Gerät mehr vorgesehen. Würde aber viel besser zur "grünen Linie" passen und das Image stärken.

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