Kommentar: Facebook Nachrichten

Viele hatten den bereits längere Zeit gemunkelten Dienst im Vorfeld bereits als Googlemail-Killer bezeichnet. Während der Präsentation war Mark Zuckerberg aber sichtlich bemüht, diese Bezeichnung abzuschwächen. Er tat dies vor allem vor dem Hintergrund der Äußerung, dass es sich bei Facebook Nachrichten letztlich gar nicht um E-Mail im klassischen Sinne handle, sondern vielmehr um die bereits angesprochene Verschmelzung verschiedener Kommunikationsarten. Allerdings stellt Facebook seinen Mitgliedern in Zukunft sehrwohl einen E-Mail Dienst zur Verfügung und damit auch eine "klassische" E-Mail Adresse nach dem Format "nutzername@facebook.com". Die Absicht dahinter ist klar. Facebook will seine bestehenden Mitglieder noch enger an sich binden und den sozialen Druck auf (Noch-)Nicht-Mitglieder weiter erhöhen. Und aus meiner Sicht stehen die Chancen dazu nicht schlecht. Funktioniert alles so wie am Montag angepriesen, könnte man beinahe seine komplette virtuelle Kommunikation demnächst über Facebook abwickeln, bräuchte die Seite also quasi gar nicht mehr verlassen. Insofern ist die Bezeichnung Googlemail-Killer vielleicht doch gar nicht so weit her geholt. Zumal es zu einem späteren Zeitpunkt auch möglich sein soll, Mails von anderen Anbietern über Facebook abzurufen. Auf der anderen Seite ist jedoch das Abrufen der Nachrichten über ein E-Mail-Programm wie Mail, Outlook, Thunderbird etc. derzeit nicht vorgesehen. Wohl aber eine Integration in die iPhone-App von Facebook:
Laut Facebook stellt Facebook Nachrichten eine kleine Revolution der Kommunikation dar. Während man sich früher noch überlegen musste, welche Person man wie am besten erreichen kann, spiele sich nun alles an einem zentralen Ort ab. Die Notwendigkeit eine Veränderung leitet man davon ab, dass vor allem die Mitglieder der sogenannten Net-Generation die E-Mail immer mehr zugunsten von Chat- und Instant Messaging Systemen vernachlässigen und diese zudem ein massives Spam-Problem habe. Laut Zuckerberg verschicken inzwischen 350 Millionen der mehr als 500 Millionen Facebook-User Tag für Tag rund vier Milliarden Nachrichten über Facebook. Ein Trend, den ich bei mir selbst aktuell zwar (noch) nicht feststellen kann, wohl aber bei einigen Personen aus meinem Freundeskreis. Facebook soll in Zukunft die Sammelstelle für Nachrichten, egal welchen Kommunikationsmediums werden. Für den Nutzer ist es dabei vollkommen tarnsparent, über welches Medium er antwortet. Diese Entscheidung trifft zukünftig Facebook in Abhängigkeit der Erreichbarkeit und der Einstellungen des Empfängers.
Die Intention von Facebook ist aber wie schon angedeutet, den User möglichst lange auf der Webseite zu halten. Dies geschieht über ein immer weiter ausgebautes Angebot an Leistungen. Hierzu gehören inzwischen neben den verschiedenen Kommunikationstools auch Spiele, Foto- und Videoalben, Suchmaschinenergebnisse (Stichwort "Gefällt mir"-Button), Werbung, etc. Das dies bereits jetzt gelingt, sieht man alleine daran, dass Internetnutzer im Schnitt bereits heute mehr Zeit in sozialen Netzwerken als in anderen Bereichen des Web verbringen. Ein Umstand, der bereits dazu geführt hat, dass zahlreiche Unternehmen die Seite aus ihrem internen Netzwerk sperren.
Ob sich all die Ideen hinter Facebook Nachrichten letzten Endes aber tatsächlich als erfolgreich erweisen, kann nur die Zukunft zeigen. Google hatte mit dem Projekt "Wave" einen ähnlichen Anlauf unternommen, die Entwicklung mangels Nutzer-Interesses aber inzwischen wieder eingestellt. Der Social Network Ansatz "Buzz" wurde zu Beginn zu einem Datenschutz-Fiasko für Google und hat seither mit der Akzeptanz zu kämpfen. Nicht zuletzt deswegen wird Facebook den neuen Nachrichten-Dienst auch behutsam und schrittweise ausrollen. Wer möchte, kann aber bereits heute eine Einladung beantragen um Facebook Nachrichten schon einmal in dieser frühen Phase auszuprobieren.
A propos Datenschutz. Wann immer es Neues zu Facebook gibt, steht der Datenschutz im Mittelpunkt. Warum sollte es also dieses Mal anders sein? Die Idee, seine gesamte Kommunikation in die Hände eines ausländischen Unternehmens zu legen, welches für uns mehr oder weniger nicht zu kontrollieren ist, sollte einem durchaus zu denken geben. Denn eines steht fest, Facebook entwickelt diesen Dienst nicht aus karitativen Gründen, sondern um damit Geld zu verdienen. Und dies geschieht im Falle von Facebook nunmal über Werbung. Hierzu werden die persönlichen Daten der Nutzer ausgewertet und gleiches wird dann zukünftig auch für die Kommunikation gelten. Zuckerberg selbst kündigte an, dass Facebook für die Priorisierung von Nachrichten und das Verhindern von Spam auch Informationen aus den sozialen Kontakten des Users verwenden wird. Plakativ könnte man also sagen "Facebook liest mit". An dieser Stelle ist dann natürlich wieder der gesunde Menschenverstand gefordert, der leider bei so vielen tollen Dingen des Web 2.0 zu oft zu kurz kommt.
An dieser Stelle möchte ich daher noch einmal einen kurzen, gut gemeinten Rat loswerden. Man liest überall, dass jeder selbst dafür verantwortlich ist, welche Dinge er von sich in sozialen Netzwerken preisgibt. Was abgedroschen klingt, sollte aber durchaus nach wie vor gelten. Daher sollte jeder einmal genau nachschauen, welche Daten er eigentlich in Facebook hinterlegt hat und zudem auch die Privatsphäre-Einstellungen überprüfen. Darüber hinaus würde ich davon abraten, jede Freundschaftseinladung anzunehmen und damit eventuell auch flüchtigen Bekanntschaften Zugriff auf private Informationen, Fotos, etc. zu geben. Die Bedeutung des Wortes "Freund" scheint diesbezüglich in den letzten Jahren doch arg gelitten zu haben... Wen es interessiert, hier noch mein ganz persönlicher Ansatz. Ich nutze aktuell drei soziale Netzwerke:
Facebook, studiVZ und Xing. Dabei hat jeder Dienst seine eigene Aufgabe.
Auf Facebook bin ich mit den Leuten verbunden, die ich auch im wahren
Leben zu meinem engeren Freundeskreis zähle. Auf Xing werden berufliche
Kontakte gepflegt. Und auf studiVZ tummelt sich der Rest, also Leute,
die man kennt, mit denen man locker Kontakt hält, denen ich aber nicht jede
Statusmeldung und jedes Foto präsentieren möchte. Eventuell macht es auch Sinn, mehrere Konten für verschiedene Zwecke anzulegen. Ich habe dies beispielsweise bei Facebook auch für meinen Blog getan.
Auf eine zusätzliche Gefahr durch die Einführung der "@facebook.com"-Adressen weist zudem Gawker
hin. Mit dieser offiziell aussehenden Absenderadresse könnten Betrüger sich als
Facebook-Mitarbeiter ausgeben und hierdurch eventuell eine Welle von Fishing-Mails in Umlauf bringen. Facebook stellt aktuell seine offizielle Mail-Domain auf "@fb.com" um. Auch hier gilt also nach wie vor: Augen auf und im Zweifel keine Links in vermeintlich offiziellen Mails anklicken!
Die von Facebook angestrebte Entwicklung halte ich persönlich für äußerst spannend, begegne ihr aber auch mit einer gewissen Skepsis. Die Idee, seine Kommunikation zu zentralisieren ist zwar nicht neu, die Chancen, dass Facebook sie mit seinem unglaublichen Mitgliederstamm aber endlich umsetzen kann, standen jedoch nie besser. Sollte sich Facebook Nachrichten durchsetzen, wird dies viele Bereiche der Kommunikation sicherlich vereinfachen. Auf der anderen Seite begibt man sich auf diese Weise auch in eine gewisse Abhängigkeit zu Facebook und das Thema Datenschutz ist in diesem Fall aktuell weitgehend ungeklärt. Sicherlich wird es nicht möglich sein, seine komplette virtuelle Kommunikation nach Facebook zu verlagern und das sollte aus meiner Sicht auch niemand anstreben. Die Macht die Facebook jedoch bei einem Erfolg des Dienstes gewinnt, lässt sich heute noch gar nicht absehen. Und dies kann in letzter Konsequenz wiederum auch gefährlich sein. Dennoch freue ich mich auf einen ersten Test von Facebook Nachrichten und werde davon dann entsprechend auch wieder hier berichten. Wie steht es mit euch? Die Kommentare warten...
Kommentare
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johannes am :
Ich sehe die Sache ähnlich wie Flo: Auf der einen Seite spannend, die Möglichkeiten, die eine zentrale Kommunikationsplattform bietet sind kaum abzusehen, auf der anderen Seite gefährlich.. aus dem gleichen Grund..
Solange fb diese Daten als Kapital und vor allem als Alleinstellungsmerkmal auf dem Werbeflächenmarkt sieht, sind diese Daten sicher, sobald hier der Wind dreht oder fb aus einem anderen Grund gezwungen wird oder beschließt, die ganzen persönlichen Infos freizugeben, werden viele fb-user sagen: Das war anders geplant..
Asdf am :
Cordell am :
Blackchalk am :
MalvQ am :
Dumm wer dss jetzige angebot nutzt, direkt verrückt wer in zukunft seine ganze kommunikation darüber laufen lassen wird.
Bevor ich facebook meine daten schenke, verkaufe ich sie lieber privat. Dann bekomm ivh zumindest ein paar cent und nicht werbung und ein röntgengerät vor meiner haustür.
Andy am :
Ich habe schon genug davon das FB bei jdem Link den man verschickt das erst über die eigenen Server laufen lässt. Da noch meine zum Teil sehr privaten Mails drüber laufen zu lassen fällt mir nicht mal im Traum ein - ausser in einem Alptraum. ;) Für mich ein klares nogo. Never.